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Wiederaufbau der Brust nach Amputation Autoren: Dr. Dr. J. C. Bruck(Impressum), Dr. H.-J. Koubenec (Impressum) Quelle: eig. Expertenwissen Editorial (Kommentar) Autor: Dr. H.-J. Koubenec (Impressum) Quelle: eig. Expertenwissen Die Diagnose "Brustkrebs" ist für jede Frau ein Schock. Der Schock ist umso größer, je fortgeschrittener die Erkrankung und je größer der vorgeschlagene Eingriff ist. Im Verlust der Brust oder eines größeren Teils davon ist ein tiefer Eingriff in die Integrität einer Frau für die die Brust ein Organ der Schönheit, der Erotik und Sexualität ist und damit ein Teil der Identität. In dieser Situation suchen Frauen oft verzweifelt nach Ersatz und greifen nach fast jedem Ihnen angebotenen Strohhalm. Die plastische Chirurgie hat heute eine große Palette wiederaufbauender Operationen zu bieten, teils mit körperfremden Implantaten, teils mit körpereigenem, transplantiertem Gewebe. Wenn Brustkrebs-Frauen in dieser Situation derartige "Wiederherstellungs" Operationen angeboten werden, und das noch illustriert durch so genannte "Vorher-Nachher-Bilder" - wobei natürlich nur die ästhetisch gelungenen Fälle demonstriert werden - greifen die meisten Frauen zu. Besonders verlockend für die Frauen ist das Angebot, den Wiederaufbau gleich mit der Krebsoperation zusammen durchführen zu lassen. Nach der Eröffnung der Diagnose befindet sich die Frau in einem psychischen Ausnahmezustand. Eigentlich kann sie in diesem Zustand kaum vernünftig entscheiden. Manche Frauen sind mit der Entscheidung über die durchzuführenden Therapie-Maßnahmen schon hoffnungslos überfordert. Sich dann noch über die Möglichkeiten eines Wiederaufbaus zu informieren und über das "ob überhaupt " und "wenn ja, wann und wie " zu entscheiden ist rational kaum möglich. In dieser Situation werden oft "Bauchentscheidungen" getroffen - die nicht unbedingt falsch sein müssen - aber selten in Ruhe durchdacht werden konnten. Aus guten Gründen haben wir vor über 20 Jahren in der Berliner Universität-Frauenklinik Pulsstr. plastische Operationen nach Brustkrebs erst ein Jahr nach der ersten Operation durchgeführt. Die Frauen hatten dann viel Zeit sich mit der neuen Situationen zu arrangieren und sich dann zu fragen: „will ich jetzt noch einen Wiederaufbau?“. Bei den Nachsorgeuntersuchungen kam dann etwas erstaunliches heraus: Weit weniger als 10 % der Frauen, darunter auch solche, die ihre Brust komplett verloren hatten, hatten noch Interesse an einer plastischen Operation. Gewiss, wir konnten damals den Frauen noch nicht so ausgefeilte Operations-Techniken mit guten ästhetischen Ergebnissen anbieten wie heute. Dies sollte Ihnen zu denken geben und Sie ermuntern, sich mit der Entscheidung über eine plastische Operatione Zeit zu lassen und erst einmal zu sehen, ob sie sich mit Ihrer Situation nach der ersten Operation arrangieren können. Der Partner spielt übrigens dabei keine Rolle. Ich habe in meiner langjährigen Erfahrung mit Brustkrebs-Patientinnen noch nie davon gehört, dass eine Partnerschaft wegen einer Brustoperation in die Brüche ging. Auch eine glatte Narbe nach Brustamputation kann ästhetisch aussehen. Die amerikanische Künstlerin Matuschka hat sich mit ihrer Ablatio-Narbe auf der Titelseite des "Time“ Magazins abbilden lassen, um Frauen Mut zu machen, mit solch einem Operationsergebnis zu leben und sich nicht zu verstecken. Es ist heute praktisch unmöglich für eine Klinik, eine Brustkrebs-Patienten dazu zu bewegen, mit einem eventuellen Aufbau eine längere Zeit zu warten. Eine benachbarte Klinik wirbt dann sicher mit dem "Sofort-Aufbau". Sie können sich mit der Entscheidung aber eigentlich immer Zeit lassen. Ein plastischer Wiederaufbau, insbesondere mit Eigengewebe, ist nach längerer (Bedenk-) Zeit genauso gut möglich wie der Sofortaufbau. Eine Ausnahme bildet die Einlage einer Silikon-Prothese, bei der die Haut vorher aufgedehnt werden muss. Dies ist zwar auch prinzipiell später möglich aber nur mit einer zusätzlichen Operation verbunden. Eine auffüllbare Prothese zum Aufdehnen der Haut, ein so genannter Expander, der später durch eine Silikonprothese ersetzt wird, kann sofort bei der ersten Operation eingelegt werden. Es ist dann nur eine Folgeoperation notwendig. Obwohl die Silikon-Problematik durch neuere Studien entschärft wurde, gewinnen plastische Operationen mit der Transplantation von körpereigenem Gewebe an Bedeutung. Hierbei rücken immer mehr Operationstechniken in den Vordergrund, bei denen das zu transportieren wir Gewebe von seinem Ursprungsort komplett abgetrennt wird und am Ort des Aufbaus mikrochirurgisch an neue Gefäße angeschlossen wird. Das sind chirurgischer Meisterleistungen, die Eingriffe jedoch große und lang dauernde Operationen. Sie müssen zum Beispiel bei einer Lappenplastik, mit der Entnahme von Gewebe aus dem Unterbauch mit einer langen Narbe rechnen, die quer über den ganzen Unterbauch von einer Beckenkante zur anderen verläuft. Diese langen Narben sehen auch nicht immer schön aus. Des weiteren ist zu bedenken, dass es auch bei ausgefeilter Technik sehr schwer ist, eine neu geformte Brust der anderen so anzugleichen, dass das kosmetische Ergebnis wirklich gut ist. Der plastische Chirurg wird ihnen mit ausgesuchten vorher-nachher-Bildern Hoffnung machen, ein ebensolches Ergebnis bei ihnen zu erzielen. Ist die verbliebene Brust relativ groß, wird gelegentlich angeboten, diese durch eine Verkleinerung der neu zu formenden Brust anzugleichen. Hierbei "opfern" Sie ein gesundes Organ der Ästhetik. Die verkleinerte Brust hat in jedem Falle Narben und eventuell Störungen in der Haut-Empfindlichkeit. In Folgenden stellt Herr Dr. Dr. Bruck die heute möglichen Techniken vor, der Schwerpunkt liegt auf der freien Transplantation von Eigengewebe. Wenn Sie sich - eventuell nach längerer Bedenkzeit - für eine solche Operation entscheiden, müssen Sie sich die Operateure sorgfältig aussuchen. Nicht jeder Abteilung für plastische Chirurgie verfügt heute schon über größere Erfahrungen mit diesen Techniken. Wiederaufbau der Brust nach Amputation Autor: Dr. Dr. J. C. Bruck(Impressum), (Redakt. Dr. H.-J. Koubenec (Impressum)) Quelle: eig. Expertenwissen Ziel des Brustaufbaus nach einer Amputation ist der Erhalt der Lebensqualität und des Selbstwertgefühls. Auch ermöglicht die Wiederherstellung der Brust mit körpereigenem Gewebe einen subjektiven Abschluss einer erfolgreichen Behandlung des Brustkrebses. Die Techniken, zwischen denen sich die Patientinnen in Absprache mit dem rekonstruktiv tätigen Plastischen Chirurgen entscheiden können, sind in geübter Hand mit einer hohen Patientenzufriedenheit und niedrigen Komplikationsrate verbunden. Der Wiederaufbau der Brust gehört zum festen Bestandteil der Behandlungsstrategie des Brustkrebses, sodass die Kosten für diese Eingriffe in der Regel von den Krankenkassen übernommen werden. Eine wichtige Überlegung ist der Zeitpunkt der Brustrekonstruktion. Der einzeitige Wiederaufbau, der auch als Sofortrekonstruktion bezeichnet wird, beinhaltet den Wiederaufbau gleichzeitig bzw. sofort nach der Amputation in einer Operation. Dies lässt sich heute in vielen Fällen ermöglichen. Allerdings müssen anschließende Therapiestrategien wie eine eventuell notwendige Chemotherapie oder Bestrahlung bei der Operationsplanung berücksichtigt werden, denn diese können einen negativen Einfluss auf das neue Brustgewebe haben. Der zweizeitige Wiederaufbau, auch Sekundärrekonstruktion oder verzögerte Rekonstruktion genannt, beinhaltet einen ersten chirurgischen Schritt der Brustamputation. Abhängig von nun folgenden therapeutischen Maßnahmen wird zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite Operation zum Brustwiederaufbau geplant. Dies ermöglicht den betroffenen Frauen sich frei und ohne Druck durch Diagnose oder notwendige Termine für eine Methode der Wiederherstellung der Brust zu entscheiden. Die Techniken zur plastisch-chirurgischen Brustrekonstruktion können nach Art des Aufwandes und der erreichbaren „Natürlichkeit“ der neuen Brust unterschieden werden. Brustaufbau mit Implantaten Der einfachste Aufbau ist in Folge der hautsparenden Mastektomie (sog. Skin sparing Mastektomie) möglich, wenn lediglich die Brustdrüse ohne Haut entfernt werden musste. Ein Silikongelimplantat wird in den leeren Hautmantel eingebracht, die gesamte Operation ist über einen kleinen Schnitt im Bereich des Brustwarzenvorhofes möglich. Anders verhält es sich, wenn soviel Haut entfernt werden muss, dass ein ausreichend großes Implantat, welches zur symmetrischen Brustformung zur Gegenseite nötig wäre, nicht bedeckt werden kann. Hier wird in einem ersten Schritt ein aufdehnbares Kissen mit Ventil (sog. Expanderprothese) unter die Haut oder den großen Brustmuskel eingebracht. Anschließend erfolgt in ca. einwöchigen Abständen über das Ventil die mehrfache Auffüllung des Kissens mit Kochsalzlösung. Dadurch wird die Haut und der Muskel bis zur gewünschten Größe (leicht überkorrigiert) schonend gedehnt und anschließend nach ca. sechs Monaten in einer erneuten Operation der Expander durch ein theoretisch auf Dauer bleibendes Silikonimplantat ausgetauscht. Für wen ist diese Methode geeignet? Patientinnen, bei denen sicher keine Nachbestrahlung geplant ist und die eine kleine bis mittelgroße, wenig hängende, Brust haben. Als Platzhalter, um zu einem späteren Zeitpunkt und abgeschlossener Behandlung über eine beliebige Methode entscheiden zu können. Vorteile Es handelt sich um einfache Eingriffe von kurzer Operationsdauer ohne zusätzliche Narben. Bei auftretenden Komplikationen nach Silikongelimplantaten bleiben alle Methoden des Aufbaus mit Eigengewebe als Lösungsmöglichkeit bestehen. Nachteile Häufig ist eine angleichende Brustverkleinerung- oder Straffung der Gegenseite nötig um ein symmetrisches Ergebnis zu erzielen. Gelegentlich sind bei dünner Haut und flacher Muskulatur wellige Unregelmäßigkeiten der Implantate (Rippling) zu erkennen. Im ungünstigen Fall kommt es zur Kapselfibrose, manchmal auch Jahre nach der Operation, die eine Entfernung des Silikonimplantates notwendig macht. Hierbei bildet sich als Reaktion auf den Fremdkörper um die Prothese eine Bindegewebskapsel, die die Brust verformen und sich hart anfühlen kann. Brustaufbau mit Eigengewebe und kombinierte Verfahren Bei der Rekonstruktion mittels Eigengewebe gibt es keine Fremdkörper- oder Abstoßungsreaktionen. Mit diesen Verfahren werden die natürlichsten Ergebnisse erzielt. Auch in Kombination von Haut/Muskelgewebe mit Implantaten sind die Komplikationen von Seiten der Implantate seltener als bei der Expandermethode. Klassische Verfahren des Brustaufbaus mit gestielten Muskel-Fett-Haut-Plastiken (sog. myokutane Lappen) Die Techniken der gestielten Muskellappen wurden in den 70iger Jahren eingeführt und waren bis Anfang der 90iger Jahre erste Wahl für einen Eigengewebeaufbau der neuen Brust. Das Prinzip dieser Operationstechnik basiert auf der Erkenntnis, dass ein an seinem ernährenden Blutgefäß hängender, verlagerter Muskel den darüberliegenden Fett-Haut-Gewebeblock am Leben erhält und so der Ersatz von Brustgewebe erfolgen kann. Am Rücken dient der Latissimus dorsi-Muskel und am Bauch der Rectus abdominis Muskel als geeignetes Transplantat, wobei jeweils nur ein Teil des Muskels mit ernährendem Stil verwendet wird. Verlagerung einer Muskel-Haut-Plastik vom Rücken = gestielter Latissimus dorsi-Lappen Hier wird eine Haut-Unterhaut-Spindel am Rücken bis auf den darunterliegenden breiten Rückenmuskel umschnitten. Die übrige Haut wird vom Muskel gelöst und dieser wiederum von seinem Ursprung am Darmbein und den Wirbelkörpern abgetrennt. Das ernährende Blutgefäß zieht aus der Achselhöhle in den Muskel hinein, so dass der Haut-Muskelblock an den Gefäßen durch die Achsel auf die Brustwand geschwenkt werden kann. Um eine spätere Muskelzucken zu vermeiden, sollte der mit dem Gefäß laufende Nerv und die Sehne des Muskels auf längerer Strecke durchtrennt werden. Das gewonnene Transplantat aus Muskel und Haut wird nun unter Formung einer Brust in die Brustwunde passend eingenäht und die Rückenwunde verschlossen. Schon vor der Operation kann der geübte Operateur abschätzen, ob das Gewebe zur Formung einer ausreichend großen Brust symmetrisch zur Gegenseite ausreicht. Falls nicht, entschließt man sich entweder zur späteren Brustverkleinerung auf der gesunden Seite oder zur Kombination des Latissimus dorsi-Lappens mit einem Silikonimplantat. Die Funktion des breiten Rückenmuskels wird überwiegend von anderen Muskeln des Schultergürtels übernommen, nur bei Arbeiten über Kopf, Leistungssport oder Rollstuhl-Fahren können Einschränkungen merkbar werden. Für wen ist diese Methode nicht geeignet? Es handelt sich um eine Operationsmethode, die für fast alle Patientinnen in Frage kommt. Nach Bestrahlung der Achselhöhle ist aufgrund eines möglichen Gefäßschadens Vorsicht geboten. Ausgeprägte Narben am Rücken können ebenfalls ein Problem sein. Vorteile Die Operationsdauer ist mit durchschnittlich 2 Stunden verhältnismäßig kurz und die Methode ein sicheres Verfahren mit wenig Komplikationen. Nachteile Viele Patientinnen beschreiben den Gewebestrang, der von der Achsel zur Brustwand zieht als störend. Auch ist ein bewegungsabhängiges Zucken der Brust nicht immer vermeidbar. Das Muskelgewebe ist fester als Fettgewebe und lässt sich schlechter zu einer „natürlichen“ Brust formen, sodass diese Brust meist als deutlich fester als die Gegenseite empfunden wird. Es kann zu Bewegungseinschränkungen des Armes kommen, vor allem beim anheben über die waagerechte hinaus. Die Narbe ist immer sichtbar. Verlagerung einer Muskel-Fett-Haut Plastik vom Bauch (sog. TRAM-Lappen) Bei dieser Methode wird die Haut zwischen Nabel und Schamhügel zu einer queren Spindel umschnitten. Die zurückbleibende Narbe liegt in der Bikinizone und entspricht der einer Bauchstraffung. Die ernährenden Blutgefäße für den Haut-Fett- Gewebeblock kommen aus dem darunterliegenden geraden Bauchmuskel, dem Rectus Abdominis Muskel. Dieser kann auf Höhe des Schambeins durchtrennt und mit der darüberliegenden Gewebespindel an seinem von oben eintretenden Gefäßstiel gedreht werden. Die Haut zwischen Rippenbogen und Brustwunde wird untertunnelt und der Lappen nach oben durchgezogen. Anschließend erfolgt die Formung und Einnaht. Für wen ist diese Methode nicht geeignet? Bei starken Raucherinnen und sehr übergewichtigen Patientinnen kann die Durchblutung aus dem oberen Gefäßstiel unzureichend sein. Frauen, die schon Voroperationen am Bauch hatten, können ebenfalls Durchblutungsstörungen entwickeln. Vorteile Es handelt sich um eine relativ kurze Operation (2,5 Stunden), die technisch einfach durchführbar ist. Da dieser Gewebeblock hauptsächlich aus Fett besteht, läßt er sich gut formen und reicht meist aus um eine Symmetrie zur Gegenseite zu erzielen. Die Narbe ist unauffällig und der Bauch nach der Gewebeentnahme deutlich gestrafft. Das verlagerte Gewebe ist weich und warm und fühlt sich an wie eine Brust. Nachteile Die Verlagerung des geraden Bauchmuskels geht mit einer deutlichen Schwächung der Bauchwand einher. Im ungünstigsten Fall entsteht ein Bauchdeckenbruch (10%). Besonders bei großen Brüsten ist eine Symmetrie nur durch Verkleinerung der Gegenseite herzustellen. In manchen Fällen bleibt ein Wulst am Rippenbogen sichtbar, der durch den Drehpunkt des Muskels entsteht. Wegen der häufig weniger befriedigenden Ergebnisse wird dieses Verfahren an Brustzentren, die leitliniengerecht mit Fachärzten für Plastische Chirurgie kooperieren, kaum mehr angeboten. Verfahren des Brustaufbaus mit freien, mikrochirurgischen Lappenplastiken Durch die Technik der Mikrochirurgie ist es möglich geworden einen Gewebeblock, der von einem definierten Gefäßbündel ernährt wird, an einer Stelle des Körpers narbensparend zu entnehmen und an anderer Stelle wieder einzupflanzen. Dabei werden das zu- und abführende Blutgefäß in neuer Position wieder an Blutgefäße der Brustwand angeschlossen. Die Gefäßdurchmesser sind winzig und schwanken zwischen 0,5 und 2mm, so dass eine Naht nur unter dem Mikroskop möglich ist. In Zentren für Plastische Chirurgie werden heute freie Lappenplastiken aus verschiedenen Körperarealen zur Rekonstruktion der Brust angeboten. Da die mikrochirurgischen Techniken und die anatomischen Kenntnisse über die Feinstruktur unseres Gefäßbaums immer weiter verfeinert wurden, ist es heute möglich, freie Lappenplastiken aus Fettgewebe ohne oder mit nur sehr kleinen Muskelanteilen zu nutzen, die keinerlei funktionelle Beeinträchtigungen hervorrufen. Allerdings handelt es sich um technisch komplexe Verfahren, die eine hohe technische Präzision und Ausstattung erfordern. Ein Nachteil dieser anspruchsvollen Technik ist die Gefahr der Durchblutungsstörung des verpflanzten Gewebes, was in seltenen Fällen eine kurzfristige weitere Operation notwendig macht. Die Verlustraten des verpflanzten Gewebes liegen unter 3%, die Wahrscheinlichkeit von Hernien (Bauchwandbrüchen) unter 1%. DIEP-Lappen und SIEA-Lappen, freier muskelsparender TRAM-Lappen (ms TRAM) Bei den freien Lappen vom Unterbauch wird ein Gefäßsystem aus der Leiste mikrochirurgisch dargestellt, das den Haut/Fettblock des Unterbauches versorgt. Nach Verlagerung wird dieser Gewebeblock unter dem Mikroskop an die Blutgefäße der Brustwand angeschlossen und zu einer Brust, ähnlich der Gegenseite geformt. DIEP-Lappen Lappentransplantate, bei denen der intramuskuläre Gefäßverlauf dargestellt und isoliert wird, nennt man Perforatorlappen. Beim Deep Inferior Epigastric Perforator- Lappen handelt es sich um eine technische Verfeinerung des muskelsparenden TRAM- Lappens. Es wird mit 2 Operationsteams simultan gearbeitet. Die 3. Rippe wird auf einer Länge von ca. 2 cm entfernt und die Blutgefäße innen am Brustkorb für den Anschluss vorbereitet. Vom zweiten Team werden Haut und Fettgewebe spindelförmig von der Bauchwand abgehoben bis ein oder zwei geeignete Gefäße gefunden werden, welche ausreichen, um die gesamte Gewebespindel mit Blut zu versorgen. Dieses wird dann durch die Faszie (Muskelhaut) und den geraden Bauchmuskel bis zum Eintritt in die unteren Gefäße in der Leiste verfolgt. Nach vollständiger spindelförmiger Umschneidung des Lappentransplantates unter Belassung des Bauchnabels werden die Gefäße im Unterbauch abgetrennt und es erfolgt die Wiederherstellung des Blutkreislaufes an der Brustwand. Das Einpassen des Lappens und die Formung der Brust, möglichst symmetrisch zur Gegenseite erfolgt an der sitzenden Patientin. Parallel wird die verbleibende Bauchdecke bis zum Rippenbogen gelöst und anschließend im Sinne einer Bauchdeckenstraffung nach unten Richtung der Schambeinregion gezogen und angenäht. Dabei wird eine Öffnung für den Nabel an seiner alten Position modelliert. Für wen ist diese Methode geeignet? Für alle Frauen, die nicht zu viele Narben am Unterbauch haben. Meist ist die Körperfülle des Unterbauches ähnlich der der verbliebenen Brust, sodass ohne Reduktion der Gegenseite Symmetrie in Form und Größe erreicht werden kann. Frauen, die schwanger waren, haben häufig mehrere gute Gefäße am Unterbauch die durch den Muskel hindurchtreten, und eine ausreichend große Haut/Fettspindel versorgen, um eine ausreichende Durchblutung der neuen Brust zu gewährleisten. Für die Rekonstruktion von zwei Brüsten reicht die Menge des Gewebes im Unterbauch meist nicht aus. Das Verfahren ist heute der „golden standard“ der wiederherstellenden Brustchirurgie. Vorteile Da der große Bauchmuskel nur gespalten und nichts entfernt wird und die Versorgung des geraden Bauchmuskels mit motorischen Nerven intakt bleibt, ist das Risiko einer Bauchwandschwäche oder des Bauchwandbruches als sehr gering anzusehen (0,7%). Das Fettgewebe des Unterbauches ist dem der Brust sehr ähnlich, so dass sich die rekonstruierte Brust ganz natürlich anfühlt. Sie ist warm, weich und gut formbar. Über längere Zeit stellt sich sogar ein wenig Gefühl wieder ein. Das Gewebe kann symmetrisch zur gesunden Brust modelliert werden. Nachteile Risiko der Bauchdeckenschwäche oder des Bauchdeckenbruches bleibt nicht ganz auszuschließen. Selten gibt es anatomische Varianten, die vorher nicht entdeckbar sind, aber zum Absterben des Gewebes führen können (2-3%). SIEA-Lappen Beim Superficial-Inferior- Epigastrical Artery- Lappen handelt es sich wie bei den beiden oben genannten Lappen um einen spindelförmigen Gewebeblock aus dem Unterbauch. Dabei besteht dieser aus reinem Haut-Fettgewebe. Besonders macht ihn seine Blutversorgung, die aus dem oberflächlichen, also über der Faszie und Muskulatur verlaufenden, epigastrischen System stammt. Eine Verletzung der stabilisierenden Bauchdecke ist somit nicht notwendig und die Gefäße können direkt in der Leistenregion abgetrennt werden. Anschluss an die Brustwand und Verschluss der Haut an der Entnahmestelle erfolgen wie beim freien TRAM- und DIEP-Lappen. Vorteile Es besteht kein Risiko für eine Bauchdeckenschwäche. Nachteile Die Gefäßversorgung ist nur bei wenigen Frauen ausreichend für die Blutversorgung der gesamten Hautspindel. Er kann daher nur ausnahmsweise eingesetzt werden. MS-TRAM-Lappen Die Präparation ist ähnlich, wie beim DIEP-Lappen. Je nach Gefäßversorgung im Unterbauch ist es manchmal notwendig einen sehr kleinen Anteil des geraden Bauchmuskels mit dem Haut-Fettgewebe vom Unterbauch zu entnehmen. Es entsteht nur ein geringer Substanzverlust des Muskels und die Bauchwand verstärkende Faszie kann über dem Muskel wieder gut verschlossen werden. Somit besteht ein geringeres Risiko der Bauchwandschwäche oder des Bauchwandbruches. Bei der Darstellung des geraden Bauchmuskels wird nur der Muskelanteil mitgenommen, welcher beim Eintritt des Gefäßsystems aus der Leiste in die Haut/Fettspindel des Unterbauches benötigt wird um einige Gefäße, die die diese ernähren (Perforansgefäße), zur sicheren Durchblutung einzuschließen. Für wen ist diese Methode geeignet? Frauen, die nie schwanger waren oder eine Fettabsaugung am Unterbauch hinter sich haben, haben häufig mehrere zarte Gefäße am Unterbauch die durch den Muskel hindurchtreten. Bei ihnen kann es notwendig werden die beschriebene Muskelinsel mit zu nehmen um eine ausreichende Durchblutung der neuen Brust zu gewährleisten. Vorteile Da nur ein kleiner Anteil des geraden Bauchmuskels und der Faszie entfernt werden, ist die Gefahr der Bauchdeckenschwäche oder -bruches als sehr gering anzusehen. Das Fettgewebe des Unterbauches ist dem der Brust sehr ähnlich, so dass sich die rekonstruierte Brust natürlich anfühlt. Da es sich um einen Haut-Fett-Gewebeblock handelt, ergibt sich eine gute Formbarkeit. Das Gewebe kann symmetrisch zur gesunden Brust modelliert werden. Die Narbe an der Entnahmestelle ist unauffällig und lässt sich gut mit der Unterwäsche/Bademode verdecken. Die Bauchdecke ist nach der Operation deutlich gestrafft. Nachteile Das Risiko der Bauchdeckenschwäche oder des Bauchdeckenbruches bleibt nicht ganz auszuschließen. S-GAP-Lappen Der Superior-Gluteal-Artery-Perforator-Lappen stellt eine gute Alternative zur Brustrekonstruktion mit Eigengewebe dar, wenn das Unterbauchgewebe nicht zur Verfügung steht. Hier wird ein spindelförmiger Haut-Fett-Lappen von der oberen Gesäßhälfte entnommen, der seine Durchblutung über Äste aus der Arteria glutealis superior erhält. Die Operation beginnt in Seitenlage der Patientin, wobei in 2 Operationsteams simultan gearbeitet wird. An der Brustwand wird das Empfängergebiet vorbereitet und die Gefäße innen neben dem Brustbein (Arteria mammaria interna), nach partieller Entfernung der 3. Rippe von ca. 2cm, freigelegt. Gleichzeitig hebt das 2. Team den Lappen am Gesäß. Nach seitlicher Umschneidung der Hautspindel und der Muskelfaszie (Muskelhaut) des großen Gesäßmuskels und Darstellung eines ausreichend kräftigen, den Muskel durchdringenden Gefäßes, wird dieser durch die Gesäßmuskulatur bis in die Tiefe zu den oberen Glutealgefäßen verfolgt und der Lappen anschließend abgetrennt. Nach Verschluss der Gesäßwunde wird die Patientin zurück auf den Rücken gedreht und der mikrochirurgische Anschluss an Gefäße der Brustwand durchgeführt. Anschließend erfolgt die Formung der neuen Brust aus dem Lappen und die Einnaht desselben in sitzender Position der Patientin. Für wen ist diese Methode geeignet? Der S-GAP-Lappen stellt eine gute Möglichkeit zur Brustrekonstruktion mit Eigengewebe dar, wenn das Unterbauchgewebe nicht zur Verfügung steht oder wenn zwei Brüste rekonstruiert werden sollen. Hier bringt der DIEP-Lappen meist kein ausreichendes Volumen zur Formung von 2 Brüsten Mit dem S-GAP-Lappen können in einem zeitlichen Abstand beide Brüste symmetrisch mit üppigem Volumen rekonstruiert werden. Besonders geeignet ist das Verfahren für Frauen mit einem Brustkrebsgen. Hier wird in einer Operation jeweils eine Brustdrüse ausgeschält und das Volumen aus dem Gesäß ersetzt. Vorteile Die Entnahme des Lappens am Gesäß hinterlässt, wie beim DIEP, kein funktionelles Defizit und es besteht keine Gefahr des Narbenbruches. Die Menge des Fettgewebes über der oberen Gesäßregion ist zwar etwas geringer als vom Unterbauch, korrespondiert aber sehr gut mit der ursprünglichen Brustgröße, so dass eine angleichende Operation der gesunden Brust meist nicht notwendig ist. Die Narbe läßt sich bei entsprechender Planung des Lappendesigns sehr gut in Unterwäsche/Bademode verstecken. Nachteile Bei manchen Patientinnen entsteht eine ästhetisch störende Konturunregelmäßigkeit am Gesäß mit Asymmetrie zur Gegenseite. Hier kann durch eine angleichende Fettabsaugung in einer weiteren Operation eine Verbesserung erzielt werden. I-GAP-Lappen Der Inferior-Gluteal-Perforator-Lappen wird, wie der S-GAP-Lappen, ebenfalls aus der Gesäßregion entnommen und ist ohne Muskulatur ein reiner Haut-Fett-Lappen. Die Entnahmestelle befindet sich in der unteren Gesäßhälfte, wobei die Narbe in der Gesäßfalte zu liegen kommt. Die Operationstechnik ähnelt der des S-GAP-Lappens. Für wen ist diese Methode geeignet? Es gelten dieselben Kriterien wie für den S-GAP-Lappen. Vorteile Die Narbe liegt gut versteckt in der Gesäßfalte, was aber zu Beschwerden beim Sitzen führen kann. Die Entnahme des Lappens am Gesäß hinterlässt kein funktionelles Defizit und es besteht keine Gefahr des Narbenbruches. Nachteile Bei der Lappenhebung wird der Nervus ischiadicus (großer hinterer Beinnerv) freigelegt. Er liegt nach Entnahme des polsternden Fettgewebes nah unter der Haut. Dies kann zu schmerzhaften Problemen beim Sitzen führen. TMG-Lappen Der Transversale-Myocutane-Gracilis-Lappen wird als Haut-Fett-Muskel-Lappen von der Innenseite des Oberschenkels entnommen. Die Funktion des Gracilis-Muskels wird von den anderen Oberschenkelmuskeln übernommen. Die Operation erfolgt in Rückenlage der Patientin und es wird simultan in 2 Operationsteams gearbeitet. Wie bei den anderen freien Lappen zur Brustrekonstruktion bereitet ein Team die Empfängerstelle an der Brustwand vor. Das zweite Team präpariert die querverlaufende Hautspindel in der Leistenregion von vorn innen am Oberschenkel bis zur Mitte der Gesäßhälfte reichend. Über diesen Schnitt wir der an der Innenseite des Oberschenkels längsverlaufende Muskulus gracilis freigelegt, in einem Tunnel unter der Haut bis zu seinem Ansatz am Knie verfolgt und dort abgetrennt. Anschließend erfolgt die Darstellung des größten ernährenden Blutgefäßes im oberen Drittel des Muskels bis zum Abgang aus der Femoralarterie, wo der Gefäßstiel abgetrennt wird. Der Anschluss erfolgt wie bei den anderen Verfahren an Gefäße der Brustwand. In sitzender Position wird die Brust als Kegel geformt und eingenäht. Für wen ist diese Methode geeignet? Da der Gracilis-Muskel eher schmächtig ist und die Hautspindel am Oberschenkel aufgrund des Wundverschlusses nicht zu groß gewählt werden kann, ist dieses Verfahren nur für Patientinnen mit kleiner Brust geeignet oder wenn die anderen freien Lappen ausgeschlossen sind. Meist wählen dieses Verfahren jüngere Frauen und solche, bei denen nur ein Teil der Brust, z.B. nach Quadrantenresektion, ersetzt werden soll. Vorteile Der TMG-Lappen kann für eine beidseitige Rekonstruktion zur Formung kleiner Brüste sehr gut genutzt werden. Er ist auch bei sehr schlanken Patientinnen, die sonst keinen Gewebeüberschuss haben, geeignet. Die Entnahmestelle hinterlässt gut zu kaschierende Narben in der Leisten- und Gesäßregion. Es besteht kein postoperatives funktionelles Defizit. Nachteile Mit diesem Lappen läßt sich nur ein geringes Volumen zum Wiederaufbau der Brust erzielen. Angleichende Verfahren zur Verbesserung der Symmetrie nach Rekonstruktion der Brust Durch die Verfahren der freien Lappenplastiken kann in den meisten Fällen eine gute Symmetrie zur Gegenseite hergestellt werden. Dennoch gibt es einige Patientinnen, bei denen störende Unterschiede in Form und Größe resultieren. Dies wird individuell auch unterschiedlich bewertet. An die Rekonstruktion mittels Eigengewebe oder Implantaten können sich später formende, angleichende Eingriffe an der gesunden Brust oder manchmal auch an der rekonstruierten Brust anschließen. In der Regel liegen mindestens 3 Monate zwischen Rekonstruktion und angleichender Operation. Dabei reicht das Spektrum von Brustverkleinerung (Mammareduktion) über Bruststraffung (Mammapexie) bis hin zur Brustvergrößerung (Mammaaugmentation). Auch diese Eingriffe werden von den Krankenkassen getragen, da sie im Zusammenhang mit den notwendigen Eingriffen zur Behandlung des Brustkrebses stehen. Wiederherstellung des Brustwarzenkomplexes Ist die Formung der rekonstruierten Brust abgeschlossen und eventuell angleichende Operationsverfahren erfolgt kann nach Stabilisierung der Wundverhältnisse und Brustform der Wiederaufbau der Brustwarze an der rekonstruierten Brust erfolgen. Zur Formung der neuen Brustwarze existieren vielfältige Möglichkeiten, die individuell mit dem Chirurgen besprochen werden sollten. Falls die Brustwarze an der gesunden Brust sehr prominent ist, kann ein Teil derselben auf die rekonstruierte Brust frei verpflanzt werden. Außerdem ist die plastisch chirurgische Rekonstruktion mittels einer lokalen Lappenplastik (Fleur de Lis) aus der ortständigen Haut möglich. Die Warze selbst wird mit einem kleinen Knorpelchip unterfüttert, sodass eine ausreichende Größe und Projektion hergestellt werden kann. Auch zur Rekonstruktion des Brustwarzenhofes werden verschiedene Möglichkeiten angeboten. Zum einen kann dunkel pigmentierte Haut aus der Leistenregion entnommen und in Form eines Ringes um die Brustwarze zur Brust verpflanzt werden. Dies kann gleichzeitig mit der Brustwarzenrekonstruktion im stationären Aufenthalt erfolgen. Eine weitere Möglichkeit, die ambulant durchgeführt werden kann, ist die medizinische Tätowierung des Vorhofes. Von einer speziell ausgebildeten Person wird unter Aufsicht eines Arztes die individuell an die Gegenseite angepasste Farbe bestimmt und in entsprechender Größe und Form tätowiert. Stand: 18.3.2011
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